Nachhaltigkeitsbericht

Das EPI Areal ist nicht nur ein Naherholungsgebiet mit hoher Aufenthaltsqualität für Bewohnende des EPI WohnWerks, Patientinnen und Patienten und Besuchende, sondern auch ein vorbildliches Beispiel für ökologische Areal- und Umgebungsplanung, das mehrfach zertifiziert wurde. Im Rahmen des Geschäftsberichts 2022 werden drei nachhaltige Projekte hervorgehoben: eine klimafreundliche und kosteneffiziente Wärme- und Kälteversorgung, naturfördernde Arealplanung als Vernetzungsstrategie und nachhaltige Gestaltung als Lebensraum für Menschen mit Beeinträchtigung.

Die Schweizerische Epilepsie-Stiftung (EPI) ist weit über die Kantonsgrenzen bekannt: Rund 1'000 Mitarbeitende erbringen hier Dienstleistungen im Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen, insbesondere für Menschen mit Epilepsie oder anderen neurologischen Erkrankungen. Die EPI ist darüber hinaus als öffentlich zugängliches Areal, wunderschön gelegen hoch über dem Zürichsee, ein beliebtes Naherholungsgebiet mit einer hohen Aufenthaltsqualität für Patientinnen und Patienten, Bewohnende des EPI WohnWerks und Gäste. Getragen vom zentralen Wert des Miteinander wurden in der Entwicklung des Areals immer auch die ökologischen Ansprüche der Nachbarschaft an ein lebenswertes Quartier einbezogen. Diese zukunftsgerichtete Gestaltung würdigte die Stiftung Natur & Wirtschaft erstmals 2006 mit dem Zertifikat für vorbildliche Areal- und Umgebungsplanung. Bis heute wurde das EPI Areal mehrmals rezertifiziert, zuletzt im Jahr 2020.


Im Rahmen des Geschäftsberichts 2022 hat die EPI drei nachhaltige Projekte ausgewählt. Die historischen Meilensteine auf dem Weg zu einer klimafreundlichen und kosteneffizienten Wärme- und Kälteversorgung, weiter die naturfördernde Arealplanung als Vernetzungsstrategie, um den Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten im urbanen Umfeld zu erhalten, sowie die nachhaltige Gestaltung der EPI als Lebensraum für die ihr anvertrauten Menschen. Nachhaltigkeitsziele erschöpfen sich daher auch nicht allein im Schutz der Umwelt, sondern schliessen die möglichst gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung ein. So heisst auch das Motto der Nachhaltigkeitsziele der UN: «Leave no one behind  – lasse niemanden zurück.» Im EPI WohnWerk der Schweizerischen Epilepsie-Stiftung setzen sich die Mitarbeitenden tagtäglich für die wirksame Teilhabe der Klientinnen und Klienten ein und ermöglichen ihnen damit ein mitbestimmtes Leben in einer Gemeinschaft. Eine Auswahl der Instrumente zur Mitwirkung werden hier vorgestellt.




Projekt 1: Energie aus dem Zürichsee 

18 Jahre Vorarbeit und visionäres Handeln für ein nachhaltiges und durchdachtes Energiekonzept: Die EPI betreibt eine Hauptheizung mit einer Fernwärmeverteilung für den Warmwasserbedarf sowohl für Brauch- als auch für Heizungswarmwasser auf dem gesamten Areal mit stetem Ziel der energetischen Optimierung. Für eine zukunftsfähige und ökologische Abdeckung ihres Kälte- und Wärmebedarfs hat sich die EPI daher 2019 als treibende Kraft gemeinsam mit anderen Institutionen im Gebiet Lengg, umliegenden Wohngebieten und der Gemeinde Zollikon für den geplanten Seewasserverbund Lengg ausgesprochen. Angestrebt wird dabei ein innovatives Versorgungskonzept mit der Nutzung von Seewasser als Wärme- und Kältequelle zum «Energietanken» mit 100 % erneuerbarer Energie. Die Energieversorgung ist dabei CO²-neutral, mit einer Einsparung von 10'000 Tonnen CO² pro Jahr. Diese CO²  Einsparung entspricht der Speicherkapazität von 1'000 Hektar Wald, was ungefähr die Hälfte der Zürcher Waldflächen ausmacht. 

Bild von swissepi.ch
Bild von swissepi.ch

«Wir, die EPI, setzen uns mit nachhaltigen Leuchtturmprojekten für eine klimafreundliche, naturfördernde Gestaltung des Areals sowie für ein mitbestimmtes Leben in einer Gemeinschaft ein.» 
Heinz Vögeli, Leiter Immobilien, EPI Stiftungsdirektion



Fahren Sie mit der Maus über die Jahreszahlen und erfahren Sie mehr über die Meilensteine:


  • 2006
  • 2007
  • 2008
  • 2009
  • 2010
  • 2011
  • 2012
  • 2013
  • 2014
  • 2015
  • 2016
  • 2017
  • 2018
  • 2019
  • 2020
  • 2021
  • 2022
  • 2023
  • 2024
  • 2025
  • 2026
  • – 2006 Umstellung auf Ökoheizöl schwefelarm
  • – 2011 Umbau auf Zweistoffbrennsystem Gas und Öl, wobei Gas als Hauptbrennstoff und Öl mit einem Wochentank von 22'000 Litern und einem Tagestank von 4'000 Litern als Redundanz/Notfallbetrieb dient, gleichzeitiger Rückbau und Entfernung der 4 x 150‘000 Liter fassenden, erdverlegten Öltanks vor dem Heizungsgebäude
  • – 2019 Absichtserklärung mit geplantem Anschluss an den geplanten Seewasserverbund Lengg zur Wärme- und Kälteerzeugung aus dem Zürichsee
  • – 2020 Wahl Contractor zur Umsetzung Seewasserverbund
  • – 2021 Absichtserklärung zur Zusammenarbeit mit Contractor
  • – 2022 Vertragsverhandlungen zwischen Contractor und den einzelnen Institutionen
  • – 2022/2023 Anschlussvertrag Wärme- und Kältebezug EPI
  • – 2022–2025 Investitionen im Bereich der Energieoptimierungen sowie Reduktion der Areal-Fernwärme-Vorlauftemperatur auf 70° C bis zum geplanten Anschluss der EPI
  • – 2026 erwarteter Anschluss der EPI zur Nutzung des Seewasserverbundnetzes Lengg




Projekt 2: Naturfördernde Arealgestaltung und gelebte Biodiversität auf dem EPI Gelände

Die Raumökonomie der Zukunft folgt der politischen Maxime, verdichtet zu bauen, um Wohnraum für die wachsende Bevölkerung zu schaffen. Auch Zürich als pulsierende Metropole hat mehr Bedarf an Wohnflächen, aber nur begrenzt zur Verfügung stehendes Bauland. Mit der Verdichtung verringert sich auch die biologische Vielfalt an Tieren und Pflanzen im urbanen Umfeld. Ökologisch umso wertvoller sind die rund 34'000 m² Grünflächen im Hangbereich der Landschaftskammer des 17 Fussballfelder grossen EPI Areals. Sie dienen als Oase der Ruhe für die Bevölkerung und als grüner Rückzugsort für eingewanderte und angesiedelte Tiere. Das weitläufige Parkgelände ist gesäumt von alten Baumbeständen, Obstanlagen, Weiden und Blumenwiesen. Durch die konsequente Bepflanzung mit einheimischen Arten sowie extensive Begrünung der Dächer wird beispielsweise die Orchideenvielfalt gefördert und ein Zuhause für eine Vielzahl einheimischer Käferarten geschaffen. Für den Erhalt der ornithologischen Vielfalt wurden verschiedene Nistgelegenheiten für Vögel und Fledermäuse eingerichtet. Die zahlreichen Blühstreifen und Wiesen sind gleichzeitig wertvoller Lebensraum für Wildbienen, die sich jeden Sommer bedanken und mit emsiger Bestäubung einen wichtigen Beitrag leisten zum Erhalt der Vielfalt auf dem EPI Areal. 


Doch den grössten Beitrag leistet das Team der Landschaftspflege. Mit grosser Leidenschaft und grünem Daumen hegt und pflegt es das Areal. Obst und Früchte sowie die Pflanzensorten werden biologisch angebaut. Dabei wird grosser Wert auf alte Sorten gelegt, denn diese sind von Natur aus gegen viele Schädlinge und Krankheiten resistent. Ausserdem wird auf dem gesamten Areal nur Dünger auf organischer Basis und Kompost verwendet. Diese Massnahmen tragen allesamt zum Erhalt der Biodiversität bei. Die frischen regionalen Produkte aus eigenem Anbau werden dann im Gärtnereigebäude in der «Handmacherei» verkauft, einem eigenen Laden auf dem Gelände.



Entdecken Sie die interaktive Tierwelt, indem Sie mit der Maus über die Tiere fahren.


Falken (Landwirtschaftsgebäude mit Nistkasten, seit 2005)
Falken (Landwirtschaftsgebäude mit Nistkasten, seit 2005)
Fledermäuse (Landwirtschaftsgebäude)
Mauersegler und Schwalben (Nistplätze in den Stallungen des Landwirtschaftsgebäudes sowie Brutkasten auf dem Klinikgebäude)
Mauersegler und Schwalben (Nistplätze in den Stallungen des Landwirtschaftsgebäudes sowie Brutkasten auf dem Klinikgebäude)
Eidechsen (Wildbienenweide und diverse Trockenstandorte)
Eidechsen (Wildbienenweide und diverse Trockenstandorte)
Glühwürmchen, massive Population mit nachgewiesener Ausdehnung an den oberen nicht beleuchteten Weiderändern. Grösste Population im Kreis 8, Zürich Riesbach.
Frösche und Molche (Nebelbachnähe und Feuchtstandorte)
Frösche und Molche (Nebelbachnähe und Feuchtstandorte)
Frösche und Molche (Nebelbachnähe und Feuchtstandorte)
Gefährdete einheimische Schneckenarten (Zebraschnecken bei der Wildbienenweide, 2019 angesiedelt)
Gefährdete einheimische Schneckenarten (Zebraschnecken bei der Wildbienenweide, 2019 angesiedelt)
Glühwürmchen, massive Population mit nachgewiesener Ausdehnung an den oberen nicht beleuchteten Weiderändern. Grösste Population im Kreis 8, Zürich Riesbach.
Glühwürmchen, massive Population mit nachgewiesener Ausdehnung an den oberen nicht beleuchteten Weiderändern. Grösste Population im Kreis 8, Zürich Riesbach.
Schwalbennest mit Jungvögeln
Schwalbennest mit Jungvögeln
Schwalbennest mit Jungvögeln




Projekt 3 – Nachhaltige Partizipationsgefässe für die Bewohnenden des EPI WohnWerks

Im März 2019 führte das Wohnhaus Niederfelben ein Bildungsangebot für seine Bewohnerinnen und Bewohner ein, den KLUB. Das Ziel davon ist es, ihnen ein interessantes Freizeit- und Bildungsangebot zu ermöglichen und damit ihr Wohlbefinden zu fördern. Auch während der Coronazeit konnte der KLUB regelmässig stattfinden und dank interner Ressourcen beibehalten werden. Der KLUB behandelte in der Vergangenheit unter anderem Themen wie Sexualberatung, Epilepsie, Jassen und Erste Hilfe, aber auch das Leitbild des EPI WohnWerks sowie die UN-Behindertenkonvention (UNBRK). Die Themen werden entweder von den Bewohnenden eingebracht oder vom Fachpersonal nach Bedarf ausgewählt. Darüber hinaus werden regelmässig interne und externe Fachpersonen für Inputs oder Workshops eingeladen, um das Angebot zu ergänzen und abwechslungsreich zu gestalten.


Gestützt auf die UN-Behindertenkonvention, in der Partizipation Ziel, Grundsatz und Recht ist, hat sich das EPI WohnWerk vertiefter mit der Frage nach geeigneten Mitwirkungsformaten auseinandergesetzt. Diesbezüglich hat das Wohnhaus auf der Rüti im Jahr 2020 eine Befragung unter den Bewohnenden durchgeführt. Es galt herauszufinden, inwieweit sie sich integriert fühlen und inwiefern sie Einfluss auf die Entwicklungen, Entscheidungen und die Gestaltung des Lebens nehmen können. Die Umfrage hat ergeben, dass sich die Bewohnenden nur in beschränktem Ausmass als aktiv partizipierend wahrnehmen. Auch fehlten bislang wohnhausübergreifende Gefässe zum gemeinsamen Austausch. Aufgrund dieser Auswertungen wurde im EPI WohnWerk ein weiteres Austauschgefäss ins Leben gerufen, der Rüti-Rat.



Ziele des gemeinsamen Dialogs 
Das oberste Ziel ist es, den Bewohnerinnen und Bewohnern die Partizipation in unterschiedlichen Formen zu ermöglichen. Dabei geht es vor allem um Mitbestimmung, aktives Einbringen und das Gefühl von Zugehörigkeit, indem sie Meinungen entwickeln und anbringen sowie Ideen vorstellen und Forderungen stellen können. Dadurch erhalten sie eine Stimme, was ihnen wiederum das Selbstvertrauen gibt, Dinge anzusprechen. Die Bewohnerinnen und Bewohner können so einerseits mit ihrer Stimme Einfluss auf Entscheidungen, aber auch auf geplante Veränderungsprozesse nehmen. Andererseits ist diese Plattform ein Lernfeld, um Fähigkeiten weiterzuentwickeln, die bislang wenig eingeübt werden konnten.




Rahmenbedingungen Rüti-Rat
Der Rüti-Rat kommt seit 2022 alle zwei Monate zusammen. Oberstes Ziel des Rüti-Rates ist es, dass die Bewohnerinnen und Bewohner ihre Bedürfnisse, Anliegen und Anregungen einbringen und vertreten. Pro Wohngruppe soll je eine Bewohnerin oder ein Bewohner (Wohngruppenvertretung) an den Treffen teilnehmen und somit die Wohngruppe vertreten. Wer daran teilnehmen soll und wie oft die Vertretung wechselt, entscheiden die Bewohnerinnen und Bewohner selber. Fachpersonen bilden keinen Teil des Rüti-Rats. Sie stehen allen Anwesenden als Assistentinnen und Assistenten zur Seite, begleiten als stille Beobachtende die Treffen und geben den Bewohnenden Sicherheit durch ihre Anwesenheit. 



Umsetzung
Zum Thema «Umgang mit Gewalt» und «Wie geht es mir?» wurden im Jahr 2022 die ersten Konzepte zur Prävention (Gewaltprävention und Suizidprävention) in Leichter Sprache von der Fachstelle Prävention erstellt. Die Konzepte liegen noch zur Prüfung bei der Prüfgruppe. Diese setzt sich aus betreuten Mitarbeitenden zusammen, welche die Konzepte auf die Verständlichkeit in Leichter Sprache prüfen. Auch hier werden wiederum die Bewohnenden resp. betreuten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter miteinbezogen, was zu einem nachhaltigen Miteinander führt. Da sie die Zielgruppe dieser Texte repräsentieren, wird auf ihre Wahrnehmung und Meinung grosser Wert gelegt. Die Bewohnenden bzw. betreuten Mitarbeitenden fühlen sich dadurch ernst genommen und können das Ergebnis mit ihrer Meinung aktiv beeinflussen. 


Für 2023 werden diesbezüglich verschiedene Weiterbildungsangebote stattfinden. Auch weitere Themen wie Suizid, Grenzverletzungen oder Sexualität werden aufgenommen und zusammen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern thematisiert.



Die interne Informationsstelle EPI Info
Mit der internen Infostelle EPI Info wurde 2020 eine Plattform speziell für die Bewohnenden bzw. betreuten Mitarbeitenden geschaffen. Anhand der Infostelle können sie sich über verschiedene Themen rund um die EPI informieren, seien es Anlässe, wichtige Dokumente und Protokolle des Rüti-Rats, aber auch Rückblicke, Menüpläne oder das Wetter. Die EPI Info lässt sich anhand eines Touchscreens einfach bedienen und die Inhalte können zusätzlich auf einem grossen Wandbildschirm angesehen werden. Diese Infostelle befindet sich im Pavillon A des Wohnhauses auf der Rüti. Zusätzlich ist die EPI Info App auch auf allen internen Computern, Laptops und Tablets abrufbar.

Ein wesentlicher Bestandteil der EPI Info sind die Beiträge der Bewohnenden bzw. betreuten Mitarbeitenden selbst. Sie können Fotos, Berichte, Geschichten oder Gedichte einreichen, die dann auf der EPI Info veröffentlicht werden. In der Vergangenheit wurden auch Wettbewerbe, Challenges oder Adventskalender ins Leben gerufen. Auch wurden bisher einige Serien veröffentlicht, wie zum Beispiel über den Alltag oder spezielle Hobbys der Bewohnenden. Die EPI Info wird stetig weiterentwickelt und verbessert, damit die Inhalte interessant bleiben und die Reichweite erhöht werden kann. Auch hier wird auf die Meinung der Klientinnen und Klienten gesetzt.