«Nachhaltigkeit muss heutzutage einfach sein»

Interview mit Marcel Nägeli, Leiter Gärtnerei EPI WohnWerk

Du setzt in der Gärtnerei auf biologischen Anbau. Warum?
Einerseits wegen dem Produkt, denn dieses spielt eine immer zentralere Rolle. Die Konsumentinnen und Konsumenten möchten sich gesund ernähren und sind zunehmend kritisch gegenüber den konventionellen Anbaumethoden. Sie möchten auch wissen, woher ihr Essen kommt, und legen deshalb Wert auf Regionalität. Andererseits ist für mich – und für viele andere sicher auch – Nachhaltigkeit wichtig, der Erhalt von Biodiversität und des Lebensraumes von Flora und Fauna. Das lässt sich mit der biologischen Produktion ideal verbinden. 


Was heisst das für eure Arbeit?
Wir setzen schon bei den Setzlingen und Jungpflanzen an. Gemüse-Saatgut beziehen wir vorwiegend aus zertifizierter, biologischer und einheimischer Produktion. Wir legen auch Wert auf alte Sorten, denn diese sind von Natur aus gegen viele Schädlinge und Krankheiten resistent. Bei den Tomaten bauen wir zum Beispiel Sorten von Pro Specie Rara mit den Namen Zuckertraube, Zitronentomate oder Gelbe von Thun an. Pro Specie Rara setzt sich für den Sortenerhalt ein, und wir leisten somit unseren Beitrag zum Erhalt solcher Sorten. Ausserdem verwenden wir Dünger auf organischer Basis und Kompost. Bei einigen Gemüse-, Schnittblumen- und Beerenkulturen decken wir heute mit Vlies statt Plastik ab. Durch das Vlies bildet sich weniger Unkraut und Plastikabfall lässt sich vermeiden. 


Auch dem Unkraut und den Schädlingen kommt ihr biologisch bei?
Unkraut vernichten wir mechanisch mit der Pendelhacke. Mit dieser hacken wir das Unkraut aus und lassen es liegen, damit es in der Sonne verdorrt. Passiert das vor dem Blütenstand, dann kann es sich auch nicht vermehren. Grösseres Unkraut jäten wir von Hand aus und entsorgen es. Die Pendelhacke lockert übrigens zudem den Boden, sodass dieser wieder Wasser aufnehmen kann. Bei Schädlingsbefall, so zum Beispiel wenn es einmal Läuse hat, können wir auf biologisch anerkannte Spritzmittel zurückgreifen. Im Fall der Läuse ist dieses Spritzmittel auf Schmierseifenbasis. Und Schnecken bekämpfen wir wenn nötig mit biologischen Schneckenkörnern, basierend auf Hartweizen mit Eisenphosphat. 

Die biologische Produktion hat viele Vorteile. Gibt es für dich auch Nachteile?
Muss nachdenken. Eigentlich nicht. Wenn es mehrere Tage regnet, müssen wir natürlich mit mehr Aufwand bei der Unkrautbekämpfung rechnen. 


Euer Obst und Gemüse wie auch Schnittblumen und Pflanzen werden in der Handmacherei, dem Laden im neuen Gärtnereigebäude, verkauft.
Das ist richtig. Auch in der Handmacherei legen wir Wert auf Nachhaltigkeit. Wir verwenden für alle Verpackungen Karton oder Papier – ausser bei den Beeren, und dort aus Haltbarkeitsgründen. Auch Tragtaschen wird es künftig nur noch aus Papier geben.


Du hast noch die Erhaltung von Lebensraum für Flora und Fauna erwähnt. Was meinst du damit genau?
Insekten sind nicht per se Schädlinge, sondern vor allem auch Nützlinge und essenziell für den Kreislauf der Natur, denn ohne sie würden keine Blüten mehr bestäubt. Dann gäbe es keine Nahrung mehr. Unterhalb des Treibhaustunnels haben wir eine Bienenweide angesät. Diese dient als Nahrungs- und Vermehrungsort verschiedener Insekten. Um die ganze Gärtnerei herum gibt es sehr viele Blühstreifen, Wiesen, Bäume und Sträucher, die dieselben Funktionen haben. Wir bieten ihnen viele verschiedene Lebensräume.


Werdet ihr euch als Bio-Betrieb zertifizieren lassen?
Wir haben den konventionellen Anbau verlassen und setzen nun auf biologische Produktion, eine Zertifizierung als Bio-Betrieb haben wir noch nicht beantragt. Ich bin überzeugt, dass dies der richtige Weg ist. Die Natur ist unser Kapital, und deshalb müssen wir ihr Sorge tragen. 

Vielen herzlichen Dank für das Gespräch!

Interview: Alexandra Wolff, Verantwortliche Marketing und Kommunikation EPI WohnWerk