Wir geben uns die Hand — ein Gedicht einer Mitarbeiterin 

Ich möchte gehen, aber ich kann den Weg nicht sehen.

Ich möchte reden, aber ich kann den Gedanken keine Stimme geben.

Ich möchte mich und die Umgebung spüren, aber meine Hand kann nichts berühren.

Ich möchte meinen Rhythmus leben, aber es sind Pflegepläne und Verordnungen, die meinen Rhythmus vorgeben.

Ich habe Angst und fürchte mich vor jedem neuen Tag. Und ich weiss nicht, wie lange ich noch so leben mag.

Ich möchte wissen, wer ich bin. Was hat das Leben sonst noch für einen Sinn?

Ich möchte dir meine Hand geben, aber ich kann sie nicht von der Matratze nehmen.

Ich möchte deine Zeichen erkennen und deine Äusserungen benennen.

Ich möchte dich sehen und mit dir auf den Weg gehen.

Ich möchte dein Gegenüber sein. Dann bist du nicht mehr allein.

Ich möchte dir helfen, dein Leben zu erhalten und es nach deinen Bedürfnissen zu gestalten.

Ich möchte wissen, wie es dir geht und was für dich im Vordergrund steht.

Ich möchte dich mit meinen Händen berühren, damit es dir gelingt, dich selber zu spüren.

Ich möchte dir die Hand geben. So kannst du das Leben wieder annehmen.

Du sprichst mit mir, ich höre dich. Ich werde wahrgenommen. Ich entspanne mich.

Ich glaube, du versuchst, mich zu verstehen. Ich möchte mit dir auf den Weg gehen.

Ich möchte dir meine Hand geben. Ich versuche ganz fest, sie von der Matratze zu nehmen.

Ich glaube, du hörst mich. Du atmest tief durch, du entspannst dich.

Möchtest du mit mir auf den Weg gehen? Ich bin sicher, wir können uns verstehen.

Ich sehe, du versuchst, mir deine Hand zu geben. Und ich werde sie mit dir von der Matratze nehmen.

Du hältst meine Hand in deinen Händen. Alles beginnt sich zu verändern.

Ich spüre mich, ich weiss, wer ich bin. Ich spüre plötzlich einen Sinn.

Wir haben uns die Hand gegeben und können einander so erleben.

Ich bin der Pfleger und du der Patient. Aber wichtig ist, dass man den Menschen erkennt.

Das, was hinter der Hülle ist. Die Person, die du wirklich bist.

Wir sind in Beziehung getreten und haben uns die Hand gegeben. Und in diesem Moment umarmen wir das Leben.

Beutler, C. (2021). Wir geben uns die Hand. Beziehungsaufnahme über den Somatischen Dialog. Bülach. Autorin: Carmen Beutler©, Dipl. Pflegefachfrau HF, Praxisbegleiterin Basale Stimulation nach Prof. Dr. Fröhlich® Verfasst am 17.07.2021 im Rahmen des Zertifikatslehrgangs Praxisbegleiter/in Basale Stimulation® (WBA Bern) Kontaktangaben: carmen.beutler@gmx.ch